Entscheidung OLG München, Beschluss vom 31.10.2019, 31 Wx 398/17
von Rechtsanwalt Felix Dommermühl, Fachanwalt für Erbrecht
Sachverhalt (stark vereinfacht und verkürzt):
Eheleute hatten im Jahr 2015 ein Testament errichtet, das (nur) als Fotokopie vorlag.
Die Eheleute hatten bestimmt, dass der Erstversterbende vom Überlebenden, und der Überlebende von zwei Töchtern des Ehemannes aus einer früheren Ehe sowie dem Neffen der Ehefrau beerbt wird. Soweit möglich sollten die Verfügungen „wechselseitig“ sein.
Der Ehemann starb nur 4 Tage nach der Ehefrau. Deren Neffe beantragte einen Erbschein mit dem Inhalt, dass die Ehefrau vom Ehemann alleine beerbt wurde.
Das Nachlassgericht wies diesen Erbscheinsantrag zurück und argumentierte, dass das Testament mit Widerrufsabsicht vernichtet wurde (Anmerkung: demnach wäre von gesetzlicher Erbfolge nach der Ehefrau auszugehen). Der Neffe legte hiergegen Beschwerde ein
Mit Erfolg.
Das OLG München führt aus, dass das Nachlassgericht zu Recht von einer wirksamen Errichtung des Testaments ausgegangen ist.
Der Umstand, dass das Original unauffindbar war, führe nicht zu einer Vermutung für einen Widerruf. Das OLG war nicht davon überzeugt, dass das Testament von den Eheleuten in Widerrufsabsicht vernichtet wurde.
Dass andere Unterlagen der Eheleute vorhanden waren (und zwar geordnet) und dass die Eheleute sich ggü. Dritten geäußert hätten, eine andere letztwillige Verfügung errichten zu wollen, war für das Gericht nicht genug, um einen Widerruf anzunehmen. Hiergegen spricht nach Ansicht des Gerichts, dass ein gemeinsamer Widerruf ohne „Neuerrichtung“ bzw. Abänderung nicht plausibel erscheint, denn die Folge eines „isolierten“ Widerrufs wäre gesetzliche Erbfolge gewesen, dies war aber wohl nicht gewollt.
Fazit:
Die Entscheidung zeigt u.a., dass auch die Kopie eines Testaments im Einzelfall zur Annahme einer gewillkürten Erbfolge führen kann, wobei natürlich stets alle Umstände des Einzelfall Berücksichtigung finden müssen.
Im Zusammenhang mit der Entscheidung erwähnenswert ist zudem der Umstand, dass ein Komplettwiderruf eines gemeinschaftlichen Testaments von beiden Eheleuten vorgenommen werden muss, etwa durch ein widersprechendes Testament oder die gemeinsame Vernichtung der Urkunde (in Widerrufsabsicht).
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