von Rechtsanwalt Felix Dommermühl, Fachanwalt für Erbrecht
OLG Saarbrücken, 12.12.2017, 5 W 53/17
Sachverhalt:
Die nicht verheiratete Erblasserin hinterließ drei Kinder. Eines der Kinder war wegen schweren räuberischen Diebstahles in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt worden. Wegen eines Verstoß gegen Bewährungsauflagen musste die Haftstrafe dann aber doch vollstreckt werden.
Die Erblasserin errichtete ein Testament in dem Sie dem verurteilten Sohn den Pflichtteil entzog. Sie begründete dies zunächst damit, dass der Sohn gegen die Bewährungsauflagen verstoßen habe, weshalb die Aussetzung der Strafvollstreckung widerrufen wurde.
Im Testament hieß es des Weiteren:
„….. Zudem wurden weitere Straftaten von meinem Sohn E. K. R. innerhalb meiner Familie begangen, wie bspw. Einbrüche in meine Wohnung und die Wohnung meiner Tochter sowie mehrfacher Diebstahl u.a. meines Schmucks, die jedoch nicht zur Anzeige gebracht wurden…..“.
Diese von der Erblasserin genannten weiteren Vorkommnisse, reichten nach Ansicht des Gerichts nicht aus, um den Pflichtteil zu entziehen und zwar bereits auf Grund der zu einfach gehaltenen Darstellung der Erblasserin.
Demnach muss ein Erblasser in seiner letztwilligen Verfügung
„nicht den gesamten Geschehensablauf in allen Einzelheiten zu schildern; vielmehr genügt jede substantiierte Bezeichnung, die es erlaubt, durch Auslegung festzustellen, weshalb in concreto der Pflichtteil entzogen worden ist und auf welchen Lebenssachverhalt sich der Erblasser bezieht.
Der bloße Hinweis in dem notariellen Testament auf „weitere Straftaten innerhalb meiner Familie (…), wie bspw. Einbrüche in meine Wohnung und die Wohnung meiner Tochter sowie mehrfacher Diebstahl u.a. meines Schmucks, die jedoch nicht zur Anzeige gebracht wurden“, verweist nicht auf bestimmte konkrete Vorgänge. …..Eine derart oberflächliche Darstellung ohne jedes fassbare Kerngeschehen ist selbst bei großzügiger Betrachtung nicht ausreichend, um den formellen Anforderungen des §2336 BGB zu genügen.
Fazit:
Die Entziehung des Pflichtteils ist in der Praxis nur sehr schwer umzusetzen. Die vom Gesetz vorgesehenen Gründen sind sehr eng gefasst. Eine weitere Hürde ist, dass ein Erblasser/eine Erblasserin die Gründe für die Pflichtteilsentziehung hinreichend genau in die letztwillige Verfügung aufnehmen muss, hierauf wird in der Praxis oft zu wenig Sorgfalt verwendet.
Soll der Pflichtteilsanspruch einer Person reduziert werden, stehen, bei rechtzeitiger Planung und Ausführung, auch weitaus weniger riskante Mittel zur Verfügung.
Gerne beraten wir Sie hierzu.