Entscheidung des BFH zur Erbschaftsteuer: Ab wann muss das Kind das Familienheim nach dem Erbfall selbst nutzen?

von Rechtsanwalt Felix Dommermühl  Fachanwalt für Erbrecht

BFH Urteil vom 28.05.2019, II R 37/16

 

Sachverhalt (vereinfacht und verkürzt):

Der Erblasser starb am 05.01.2014 und wurde von seinen beiden Söhnen beerbt. Die Söhne schlossen am 20.02.2015 einen Vertrag, nach dem einer der Söhne die Wohnimmobilie des Vaters übernehmen sollte. Der Vertrag musste allerdings durch das Betreuungsgericht genehmigt werden, der die Immobilie übernehmende Sohn wurde am 02.09.2015 im Grundbuch eingetragen.

Ab April 2016 holte dieser Sohn Angebote von Handwerkern für die Renovierung der Immobilie ein, die Arbeiten begannen im Juni 2016

Das Finanzamt lehnte eine Steuerbefreiung nach § 13 I Nr. 4c S. 1 ErbStG („Familienheimregelung“) ab, das Finanzgericht schloss sich der Meinung des Finanzamtes an, der Sohn legt hiergegen Revision ein,

ohne Erfolg.

 

Der Bundesfinanzhof versagte dem Kläger die Steuerbefreiung. Nach § 13 I Nr.4c ErbStG ist erforderlich, dass die Wohnung beim Erwerber unverzüglich zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken bestimmt ist. Hierzu bedarf es einer entsprechenden Absicht des Erwerbers, die sich nur anhand äußerer Umstände feststellen ließe. Eine angemessene Zeitspanne für die Umsetzung des Entschlusses zur Selbstnutzung sieht das Gericht in einer Zeitspanne von 6 Monaten ab Erbfall.

Dabei kann es nach dem Bundesfinanzhof auch Fälle geben, in denen die Selbstnutzung nach Ablauf von 6 Monaten ab Erbfall immer noch eine unverzügliche Bestimmung zur Selbstnutzung darstelle. Es gilt aber: Je größer der zeitliche Abstand zwischen Erbfall und tatsächlicher Nutzung, umso höher sind die Anforderungen an die Darlegung des Erwerbers.

Im vorliegenden Fall waren seit dem Erbfall mehr als 2 Jahre verstreichen und der Kläger hatte nach 6 Monaten ab Eintragung im Grundbuch erst mit der Renovierung begonnen, das Gericht ging daher nicht mehr von einer unverzüglichen Bestimmung zur Selbstnutzung aus.

 

Fazit:

Die Steuerbefreiungen des § 13 I Nr. 4a-4c ErbStG betreffen das Familienheim und sind oft ein wichtiger Bestandteil bei Überlegungen zur steuerlichen Optimierung der Vermögensnachfolge.

Die Entscheidung des BFH zeigt, wie wichtig es ist, die „Formalien“ der Steuerbefreiung einzuhalten, daher sollte bereits im Vorfeld besprochen werden, was der- oder diejenige nach dem Erbfall tun muss, um in den Genuss der Steuerbefreiung zu gelangen.

 

Gerne beraten wir Sie hierzu