Bindungswirkung beim Berliner Testament: Entscheidung des OLG Düsseldorf

von Rechtsanwalt Felix Dommermühl, Fachanwalt für Erbrecht

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20.04.2018,  I-3 Wx 202/17

 

Sachverhalt (vereinfacht und verkürzt):

 

Die Eheleute hatten ein gemeinschaftliches Testament errichtet, in dem sie sich zunächst gegenseitig zum Alleinerben einsetzt. Zum Schlusserben wurde der gemeinsame Sohn eingesetzt.

Das Testament enthält u.a. folgenden Satz:

„Der Überlebende von uns ist durch dieses Testament nicht beschwert oder beschränkt und kann in jeder Weise frei verfügen.“

 

Der Ehemann starb, die Ehefrau errichtete danach ein eigenhändiges Einzel-Testament, in dem sie eine andere Person als den gemeinsamen Sohn zu ihrer Alleinerbin einsetzte. Nach dem Tod der Ehefrau beantragte die im Einzeltestament zur Erbin berufene Person einen Erbscheinsantrag, dieser Antrag wurde jedoch abgelehnt. Gegen diese Entscheidung des Nachlassgerichts legte die im Einzeltestament bedachte Person Rechtsmittel ein…………ohne Erfolg.

 

Das OLG Düsseldorf erblickte in dem vorgenannten Satz keine sog. Änderungsbefugnis, die es dem überlebenden Ehegatten erlaube, nach dem Tod des Erstversterbenden eine den Sohn beeinträchtigende letztwillige Verfügung zu errichten.

 

Nach der Auffassung des Gerichts lagen auch keine besonderen Umstände vor, die die Annahme rechtfertigten, dass der Überlebende in der Lage sein sollte, frei zu testieren.

Somit blieb der Grundsatz, dass die gegenseitige Erbeinsetzung und Einsetzung des gemeinsamen Sohnes zum Schlusserben sog. wechselbezügliche Verfügungen seien. Das Recht, solche wechselbezüglichen Verfügungen zu widerrufen, erlischt aber mit dem Tod des Erstversterbenden.  Somit war das später errichtete Testament unwirksam.

 

 

Fazit:

Wenn Eheleute ein „klassisches“ Berliner Testament errichten, in dem sie sich zunächst gegenseitig zum Alleinerben und die Kinder zu Schlusserben nach dem Letztversterbenden berufen, bedenken sie oft nicht, dass mit dem Tod des Erstversterbenden eine Bindungswirkung hinsichtlich der Schlusserbeinsetzung eintritt.

Wünschen die Eheleute mehr Flexibilität, kann dies durch Änderungsbefugnisse erreicht werden, die dann aber auch entsprechend formuliert und aufgenommen werden müssen.

 

Gerne beraten wir Sie hierzu.