Fällt Schenkungsteuer an bei einer Schenkung von Eltern ans eigene Kind, welches an seinen Ehegatten weiterschenkt?
(Beschluss des Bundesfinanzhofes vom 30. November 2011; veröffentlicht am 15. Februar 2012)
von Rechtsanwältin Dr. Manuela Jorzik
Fachanwältin für Familien- und Erbrecht
Zertifizierte Unternehmensnachfolgeberaterin (zentUma e.V.)
Dieser Artikel ist als Pressemitteilung veröffentlicht:
www.openpr.de/news/620988.html
Ausgangslage:
Der Vater schenkt seinem Sohn eine Eigentumswohnung. Er behält sich ein Rückforderungsrecht für den Fall der Veräußerung der Eigentumswohnung durch den Sohn im Schenkungsvertrag mit diesem vor. Der Sohn schenkt den ½ Miteigentumsanteil an der Eigentumswohnung seiner Ehefrau. Er wiederum behält sich im Schenkungsvertrag mit seiner Ehefrau ein Rückforderungsrecht für den Fall der Scheidung der Ehe vor. Der Vater stimmt dieser Übertragung zu. Unmittelbar nach der Beurkundung der Schenkung vom Vater an den Sohn wird die Schenkung des Sohnes an seine Ehefrau ebenfalls beurkundet.
Das Finanzamt beurteilte diese Vorgänge als eine Schenkung des Vaters an den Sohn und dessen Ehefrau je zur Hälfte und setzte dementsprechend Schenkungsteuer aus einem Erwerb der Schwiegertochter auf 23.200 € fest. Hiergegen legte die Schwiegertochter Einspruch ein. Sowohl das Finanzamt als auch das Finanzgericht bejahten eine Schenkung zu ½ von Vater an Schwiegertochter und bestätigten den Anfall der Schenkungsteuer.
Entscheidung des Bundesfinanzhofes vom 30.11.2011:
Der Bundesfinanzhof verneint das Vorliegen einer Schenkung von Vater an Schwiegertochter zu ½ mit folgender Begründung:
Wendet der Bedachte (hier: der Sohn) den Ihm zugewendeten Gegenstand ohne Veranlassung des Zuwendenden (hier: Vater) und ohne rechtliche Verpflichtung freigiebig einem Dritten (hier: Schwiegertochter) zu, scheidet die Annahme einer Schenkung des Zuwendenden (hier: Vater) an den Dritten (hier: Schwiegertochter) aus. Dies gilt auch dann, wenn der Zuwendende (hier: Vater) weiß und damit einverstanden ist, dass der Bedachte (hier: Sohn) den zugewendeten Gegenstand unmittelbar im Anschluss an die Schenkung an einen Dritten (hier: Schwiegertochter) weiter schenkt. In Fällen, in denen das Kind nicht zur Weiterschenkung verpflichtet ist und die Eltern die Weitergabe des Miteigentumsanteils am Grundstück nicht veranlasst haben, kann entgegen der Auffassung des Finanzgerichtes schenkungsteuerrechtlich regelmäßig nicht von einer Zuwendung der Eltern an das Schwiegerkind ausgegangen werden.
Weiter führt der Bundesfinanzhof aus, dass Eltern regelmäßig kein Interesse daran haben ihre Immobilien auf Schwiegerkinder zu übertragen.
Anmerkungen und Fazit:
Schenkungsteuer:
Der Entscheidung ist in vollem Umfange zuzustimmen. Eine Kettenschenkung von Vater auf Schwiegertochter ist zu verneinen. Regelmäßig wollen Eltern nur das eigene Kind und nicht das Schwiegerkind beschenken.
Das Ergebnis der Beurteilung von wem an wen geschenkt wird, führt steuerrechtlich zu erheblichen Unterschieden:
Bei Schenkungen an eigene Kinder gilt nach dem Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz ein Freibetrag von 400.000 € und die Steuerklasse I. Bei Schenkungen von Eltern an ein Schwiegerkind hingegen gilt lediglich ein Freibetrag von 20.000 € und die Steuerklasse II. Für die Erbschafts- und Schenkungsteuer ist für die Besteuerung der Verkehrswert der Immobilie heranzuziehen. Von diesem Verkehrswert ist sodann der Betrag in Höhe von 20.000 € in Abzug zu bringen. Hinsichtlich des verbleibenden Betrages ist eine Steuer von zunächst 15 % bei einem Wert bis einschließlich 75.000 €, 20 % bei einem darüber hinausgehenden Wert bis 300.000 € zu zahlen. Bei Schenkungen unter Ehegatten gilt ein wesentlich höherer Freibetrag von 500.000 € und die günstige Steuerklasse I.
Nimmt man eine Schenkung unter Ehegatten an, dann wird nur bei einem Verkehrswert des hälftigen Miteigentumsanteils von über 500.000 € Schenkungsteuer anfallen.
Sieht man darin aber eine Schenkung von Vater an die Schwiegertochter, dann fällt bereits bei einem 20.000 € übersteigenden Verkehrswert Schenkungsteuer an.
Die Entscheidung des Bundesfinanzhofes ist somit überaus vorteilhaft für den beschenkten Steuerpflichtigen.
Rückforderungsrecht des Schenkers:
Zivilrechtlich ist von besonderer Bedeutung der Vorbehalt des Rückforderungsrechtes. In dem hier entschiedenen Fall sind 2 Rückforderungsrechte vorbehalten. Der Vater hat sich bei der Schenkung an den Sohn ein Rückforderungsrecht ausbedungen und zudem dem Sohn auferlegt, dass dieser sich bei der Schenkung an seine Ehefrau seinerseits ein Rückforderungsrecht im Falle der Scheidung vorbehält.
Grundsätzlich ist eine Schenkung unwiderruflich, sodass der Schenker das jeweilige Geschenk nicht zurückfordern kann.
Nur in wenigen Ausnahmefällen ist gesetzlich ein Rückforderungsrecht eingeräumt. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn der Schenker verarmt ist und seinen Lebensunterhalt nicht mehr selbständig bestreiten kann. Abgesehen von Armut des Schenkers kommt ein Widerruf einer Schenkung auch bei grobem Undank oder einer schweren Verfehlung gegenüber dem Schenker in Betracht, so dass der Beschenkte das Geschenk wieder herauszugeben hat.
Die Scheidung ist aber weder grober Undank noch als solches eine schwere Verfehlung, die zur Rückforderung der Schenkung berechtigt.
Wenn in einem Schenkungsvertrag von einem Ehegatten an den anderen kein vertragliches Rückforderungsrecht vorbehalten ist, bleibt im Falle der Scheidung der geschenkte Gegenstand bei dem beschenkten Ehegatten und nur im Rahmen des Zugewinnausgleichs kann ein Ausgleich – aber kein vollständiger – erfolgen. Dies kann zur Folge haben, dass der zuwendende Ehegatte – wenn er die Immobilie behalten möchte – dem beschenkten Ehegatten seinen Anteil abkaufen muss. Um dies zu vermeiden, ist es zu empfehlen, sich bei einer solchen Schenkung ein vertragliches Rückforderungsrecht vorzubehalten. Nur so stellt der zuwendende Ehegatte sicher, im Falle der Scheidung der Ehe von seinem Ehegatten den geschenkten Vermögensgegenstand (hier: das hälftige Miteigentum) auch zurück zu erhalten.